1,5 Tage, 50 kreative Köpfe, 400 Ideen

Innenstädte brauchen neue Ideen – und davon möglichst viele! Wie kommen wir dahin? Wir haben ein für uns neues Format getestet: Im November 2021 veranstalteten wir den eineinhalbtägigen Hackathon* „CITY HACKS Bochum/Potsdam“. 50 Studierende der Fachrichtungen Stadtentwicklung, Urbane Zukunft und Geographie entwickelten in Teamarbeit mehr als 400 Ideen für die beiden Innenstädte und verdichteten diese im Laufe eines Tages zu neun konkreten Projekten.

Im Fokus standen die Themen „Frequenz durch Digitalisierung“ und „Konsumfreie Aufenthaltsqualität“. Besonders in Erinnerung geblieben sind uns zum Beispiel diese Ideen: Der ehemalige Stadtkanal in Potsdam soll zum offenen Freiraum werden. Auf einfachen, flexiblen (Sitz-)Objekten können Nutzer:innen sich den Raum zu eigen machen. Wer Lust hat, trägt die flexiblen Sitzmöbel einfach an einen anderen Ort in der Stadt. Oder diese: Mit der „Gallery of Augmented Reality” zieht Kunst in den öffentlichen Raum ein. Kunstwerke aus den Museen Potsdams oder von freien Künstler:innen werden so zur Attraktion im digitalen Raum und locken Menschen in die Innenstadt.

Der Hackathon zählt zu unseren Highlights 2021! Das intensive Arbeiten hat sehr viel Spaß gemacht und in kürzester Zeit Innovation befördert. Das inspiriert uns über das Projekt hinaus – es war bestimmt nicht unser letzter Hackathon.

Mehr zu den „CITY HACKS Bochum/Potsdam“ findet ihr im Journal der Stiftung „Lebendige Stadt“ (Ausgabe #41, S. 12 ff.) sowie in der Veröffentlichung zum Hackathon der
Stiftung „Lebendige Stadt“.

 

* Hackathons kommen ursprünglich aus der Softwarebranche. Der Begriff „Hacking“ beschreibt das Vorgehen, in kleinen Gruppen, parallel und mit einem möglichst breiten und kreativen Blick, in kurzer Zeit an einer konkreten Fragestellung zu arbeiten. Inzwischen kommen Hackathons breiter zum Einsatz und werden auch von Kommunen veranstaltet.

Für mehr Diversität in der Partizipation!

Bei einem Blick auf unser Team wird schnell klar: Urbanizers lebt Frauenpower auch jenseits des internationalen Frauentags! In unserer Arbeit haben wir außerdem ein klares Ziel, das noch weit darüber hinausgeht. Wir wollen echte Partizipation ermöglichen, durch die alle Bürger:innen sich aktiv in Stadtentwicklungsprozesse einbringen und ihre Stadt, ihren Kiez, ihren Straßenzug mitgestalten können. Dabei ist die Idealvorstellung, wirklich jede:n zu hören – Junge und Alte, Personen jeden Geschlechts und jeder sexueller Orientierung, Menschen unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit und religiöser Überzeugung, Bürger:innen mit körperlicher oder psychischer Beeinträchtigung …

Wir sind bereits auf einem guten Weg. Wir entwickeln zielgruppenspezifische Formate, passen die Art der Ansprache je nach Adressat:innenkreis an und nutzen gendersensible Sprache. Wir lernen kontinuierlich dazu, indem wir Erfahrungen aus zurückliegenden Beteiligungsprozessen für eine inklusivere Planung des nächsten Projektes nutzen. Allerdings scheint es fast unmöglich, einen wirklich inklusiven Beteiligungsprozess zu gestalten, der alle gleichermaßen berücksichtigt. Um dem Ziel aber Stück für Stück näher zu kommen, unser Verständnis zu schärfen und neue Denkmuster zu etablieren, haben wir eine bürointerne AG Diversity gegründet und uns gefragt: Wie können wir unsere Arbeit inklusiver gestalten?

Dabei haben wir eine ganze Menge gelernt. Manchmal genügen kleine Dinge, um bestimmte Personengruppen besser anzusprechen und zu integrieren: diskriminierungssensible Ansprache, ein Hinweis auf Barrierefreiheit der Räumlichkeiten in der Ankündigung, die Abfrage spezieller Bedarfe in der Einladung, die Nutzung geeigneter Schriften und Farben für gute Lesbarkeit von Flyern oder die Ankündigung einer Veranstaltung über diverse (analoge und digitale) Kanäle. Andere Maßnahmen erfordern mehr Planung, manche sind aufgrund monatelanger Vorlaufzeiten im schnelllebigen Projektalltag nur schwer umzusetzen.

Fazit: Man muss eine Menge im Kopf behalten, um Partizipation divers und integrativ gestalten zu können, ein „Umstieg“ ist nicht von einem auf den anderen Tag machbar und wir sind nicht perfekt. Aber dank unserer stetig wachsenden Erfahrungen, Feedback von Partizipierenden und nicht zuletzt der bürointernen AG Diversity werden wir immer stärker sensibilisiert, erkennen Fehler besser, machen neue Abläufe zur Routine und entwickeln uns damit immer weiter. Für eine Stadt für alle!

Podiumsdiskussion auf der 5. Konferenz der Mieterräte und Mieterbeiräte

Mieter:innen eine Stimme geben!

Seit 2017  begleiten wir die Wohnraumversorgung Berlin und die Mieterräte und Mieterbeiräte der landeseigenen Wohnungsunternehmen dabei, eine stetige Interessenvertretung der Mieter:innen zu entwickeln. Wir konzipierten die Konferenzen der Mieterbeiräte und Mieterräte und moderierten Arbeitsgruppen zur Regelung und Verankerung der Mietergremien.

Unter  dem Motto „Mehrwert der Interessenvertretung“ wurde auf der letzten Konferenz im November 2021 noch einmal deutlich, wie wichtig die Mitwirkung von Mieter:innen an der Entwicklung der landeseigenen Wohnungsunternehmen ist. Dieses Jahr werden fünf der sechs Mieterräte neu gewählt – Über 330.000 Haushalte in Berlin sind aufgefordert sich an den Mieterratswahlen 2022 zu beteiligen!

Mehr zu den Wahlen und Ausschnitte von der letzten Konferenz und unserer Arbeit (ab 1:53) hier.

Die Dokumentation der Veranstaltung steht hier zur Verfügung.

Bundestagung "Kleinstädte in Deutschland"

Bundestagung „Kleinstädte in Deutschland“

Viele Wochen haben wir konzipiert, organisiert und produziert, was das Zeug hält, bis es am Freitag endlich hieß: Herzlich willkommen zur Bundestagung „Kleinstädte in Deutschland“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen! Mit knapp 20 Mitwirkenden vor Ort (natürlich coronakonform) und über 150 Zuschauer:innen vor den Bildschirmen zuhause war es eine Hybridveranstaltung im großen Stil. In der Durchführung digitaler und halbdigitaler Formate sind wir mittlerweile geschult; neu hingegen waren die interaktiven Tools, mit denen wir das Publikum aktiv beteiligt haben. Die Liveumfragen, deren Ergebnisse in die Gesprächsrunden einflossen, und eine Plattform, die den persönlichen Austausch an digitalen Thementischen ermöglichte, waren eine große Bereicherung. Das führen wir nicht nur in der Pilotphase Kleinstadtakademie gerne fort!

Es war ein spannender Tag, der nicht nur Bekanntes bestätigt und Neues aufgezeigt, sondern uns wieder einmal in unserer integrierten Perspektive bestätigt hat. Etwa gehört die Digitalisierung zu den großen Zukunftsaufgaben in Kleinstädten. Dass dabei spezifische Wege eingeschlagen werden müssen, wissen wir auch aus unserer Fachgutachtertätigkeit zu den Modellprojekten Smart Cities. Gleichzeitig zählt die Innenstadtbelebung zu den akuten Herausforderungen in vielen Kommunen. Strategien der Innenentwicklung, die an der Eigenlogik von Kleinstädten ansetzen, haben wir vor einiger Zeit in einer Arbeitshilfe festgehalten. Und last but not least: Kleinstädte stellen wichtige Schlüssel für den gesellschaftlichen Zusammenhalt dar. Orte der Demokratie und Teilhabe sind dort daher von besonderer Bedeutung – eine Beobachtung, die wir schon im Rahmen des Wettbewerbs „Gebaute Orte für Demokratie und Teilhabe“ gemacht haben.

Livestream verpasst? Die Aufzeichnung stellen wir bald zur Verfügung. Auf www.kleinstadtakademie.de berichten wir über alle weiteren Projektschritte. Stay tuned!

Publikation zum Forschungsprojekt „Green Urban Labs“

Wie kommt mehr Grün in die Stadt? Drei Jahre haben wir gemeinsam mit gruppe F Freiraum für alle GmbH zu dieser Frage geforscht. Es war super spannend, die Prozesse in den Modellvorhaben zu beobachten! Mut zum Experiment, eine offene Haltung und Dialogbereitschaft kombiniert mit planerischer Expertise und Geschick waren dort oft der Schlüssel zum Erfolg.

In der Publikation beschreiben wir die Arbeit der Modellvorhaben näher und beleuchten die Begriffe „Grüne Infrastruktur“, „Multicodierung“ und „Umweltgerechtigkeit“. Ein zentrales Learning dabei: Die sozialen Aspekte von Grün spielen stets eine besondere Rolle. Abgeleitet aus diesen Erkenntnissen haben wir zwölf Strategien für Kommunen, die Grün in ihrer Stadt fördern wollen, formuliert – egal, ob es um stadtweite Vorhaben oder die Revitalisierung einzelner (Brach)Flächen geht.

Interesse an einer Druckausgabe? Dann schreib uns eine Mail an post@urbanizers.de, wir haben ein paar Exemplare im Büro. Die digitale Version findet ihr hier.

 

Charta für das Berliner Stadtgrün

Frischer Wind für die Charta für das Berliner Stadtgrün

Am 11. November appellierten acht Berliner Verbände – darunter der bdla Berlin‐Brandenburg, der BUND Berlin, die DGGL Berlin‐Brandenburg, der FGL Berlin und Brandenburg, die Grüne Liga Berlin, die NaturFreunde Berlin e. V., die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz (BLN) sowie die Architektenkammer Berlin – in einem offenen Brief an das Berliner Abgeordnetenhaus für die Umsetzung der Charta für das Berliner Stadtgrün. Das Land Berlin antwortete Ende letzten Jahres im neuen Koalitionsvertrag für Berlin mit dem offiziellen Beschluss der Charta.

Die Charta ist eine Selbstverpflichtung des Landes und enthält zahlreiche Maßnahmen, mit denen die grüne Infrastruktur der Stadt gestärkt werden kann. Schon im Entwicklungsprozess der Charta haben wir immer wieder betont, wie wichtig der politische Beschluss für das Instrument ist. Ohne diesen bleibt das stadtweite Programm ein reines Lippenbekenntnis. Wir freuen uns daher sehr, dass die Entwicklung der grün-blauen Infrastruktur, die Verbesserung der Pflege des Stadtgrüns, die Anpassung an den Klimawandel und der Erhalt der Artenvielfalt in Berlin 2022 frischen Wind bekommen.

6 Wochen, 6 Veranstaltungen, 6 Erkenntnisse

Ende September hat uns das Bezirksamt Hamburg-Altona mit der Durchführung des Beteiligungsprozesses zum Projekt „freiRaum Ottensen“ beauftragt. Der Zeitplan war straff: Bis Ende des Jahres sollten wir sechs unterschiedliche Beteiligungsformate durchführen. Also sind wir zwei Tage durch Ottensen gelaufen und sind mit über 100 Gewerbetreibenden ins Gespräch gekommen. Wir haben unzählige Kitas und Schulen abtelefoniert, um Interessierte für unseren Kinder- und Jugendworkshop zu gewinnen, und wir haben eine lebhafte, kreative und interessante Diskussion mit mobilitätseingeschränkten Personen zu ihren besonderen Bedarfen an Stadtraum geführt. Schließlich mussten wir – mitten in der aufkommenden 4. Welle der Corona-Pandemie – im Eilverfahren die in Präsenz geplante Infoveranstaltung mit anschließendem Workshop in ein digitales Format umwandeln, um sie trotz allem doch noch durchführen zu können. Wir müssen im Archiv kramen, aber Projekte mit einer solchen Dynamik haben wir selten, vielleicht auch nie, bearbeitet. Was nehmen wir mit?

  1. Arbeiten in Hamburg macht Spaß – Es ist erst unser zweites Projekt in der Hansestadt und wir kommen gerne wieder!
  2. Die Mobilitätswende und insbesondere die Verbindung von Mobilität und Stadtraumgestaltung ist ein Urbanizers-Herzensthema. Hier können wir es das erste Mal in diesem Umfang mitgestalten.
  3. Prozesse gestalten, beraten, weiterentwickeln: Beteiligung und Planung zu verschränken und nicht hintereinander abzuwickeln war eine Idee von Urbanizers. Das Bezirksamt ist hier mutig unseren Ideen gefolgt – wir denken, es hat sich gelohnt.
  4. Wie erreichen wir Personen, die als „schwer erreichbar“ gelten? Diese Frage stellen wir uns oft. Hier konnten wir feststellen: Zielgruppenspezifische Beteiligung ist herausfordernd und braucht kreative Ideen. Aber sie lohnt sich!
  5. Projektmanagement fast forward: Das übernächste Format konzipieren, während das erste noch nicht durchgeführt ist, die Dokumentation der letzten Veranstaltung fertigstellen, während für die nächste schon die Checklisten entstehen. Den Überblick über Inhalte und Zeitpläne zu behalten war eine besondere Herausforderung – aber es geht! Die Projektleiterin bedankt sich herzlich bei ihrem Team für die effiziente und gute Arbeit!
  6. Analog, digital, egal: Fast zwei Jahre Pandemie stecken uns zwar allen in den Knochen, aber was unsere Kompetenz in digitalen Formaten und unsere Flexibilität diese kurzfristig zu entwickeln angeht, sind wir über uns hinausgewachsen.

Mehr Infos zum Projekt: www.freiraumottensen.de

Hallo vom Nordufer!

Hallo vom Nordufer

Rasender Stillstand – die von Paul Virilio 1990 formulierte Zustandsbeschreibung der Gesellschaft hat seit 2020 eine unerwartete Renaissance erfahren. Auch wir bei Urbanizers konnten uns der Gleichzeitigkeit vom Wettlauf gegen die Zeit in der Umsetzung unserer Projekte und der lähmenden Schwere immer neuer Lockdowns und persönlicher Einschränkungen nicht entziehen. Der Spaß an Vor-Ort-Veranstaltungen in Apolda, Berlin, Hamburg, Potsdam und andernorts, die Abende am Grill oder mit geistigen Getränken im Garten unseres neuen Domizils am Nordufer, die zunehmende Übung und Experimentierfreude im Umgang mit digitalen Formaten, die Integration neuer Kolleg:innen ins Team, die Stabilisierung unseres neuen Führungsmodells, die Erschließung der Smart City als neues Arbeitsfeld: Wir haben eine Menge guter Sachen gemacht. Geredet darüber haben wir allerdings meist nur im Team oder mit den Auftraggeber:innen. Deswegen ist es hier auf dem Blog und auf unserem Instagram-Account still geworden, während das Jahr 2021 an uns vorbeiraste. Die auftragsbezogene Kommunikation war manchmal schwer genug aufrechtzuerhalten, selbstmotivierte Kommunikation hat uns überanstrengt. Man muss auch mal Katzenvideos gucken. Stay tuned.

Tschüss, Xanti!

So ganz genau kann ich nicht mehr zählen, wie oft das Firmenfahrzeug in den letzten Tagen in Richtung BSR in Bewegung gesetzt worden ist. Jedenfalls bin ich ausnahmsweise mal doch ganz froh, dass wir uns immer noch nicht entschließen konnten, ganz aufs Lastenrad umzusteigen. Zehn der zwölf Schreibtische sind leer, auf den verbliebenen zwei stapelt sich Büromaterial. Der Mitgeschäftsführer hält per digitaler Telefonanlage die ersten Termine am Nordufer ab.

Nach einem knappen Jahr Pandemie, mobilen Arbeitens und unzähliger Videokonferenzen kommt am Freitagmorgen der Umzugswagen. Und bringt das, was wir von zwölf Jahren Firmengeschichte mitnehmen wollen, sechs Kilometer nordwärts.

Es ist eine ganze Menge. Erstmals wirklich systematisiert und durchsortiert benötigt unsere Bibliothek immer noch über 20 Kisten, von denen ich hoffe, dass das Umzugsteam sie schleppen kann. Zum Glück geht es vom Erdgeschoss ins Erdgeschoss. 20 weitere Kisten brauchten wir, um die Projektakten zu verpacken. Die meisten Kolleg:innen waren allerdings erfolgreich bei den Bemühungen, ihre persönlichen Arbeitsmaterialien auf einen Karton zu reduzieren. Kein Wunder – das monatelange Pendeln zwischen Büro und häuslichem Arbeitsplatz hat uns alle gelehrt, dass fast alles, was wir zum Arbeiten brauchen, aufs Laptop und in den eigenen Kopf passt.

Wozu dann überhaupt noch ein eigenes Büro? Noch dazu eins, das fast ein Drittel größer ist als das jetzige? Das einen eigenen Garten hat, in dem sich – ebenfalls – fast ein Drittel der Kolleg:innen auf eigenen oder kollektiven Hochbeeten austoben möchte? Das über kurz oder lang mit eigener Bar und einem anständigen Herd (allerdings nicht mit einem Kicker) ausgestattet werden soll? Können wir nicht unser Geschäft rund um den urbanen Raum auch von zuhause, aus dem Café oder dem Zug erledigen? Die digitalen Räume, in denen wir uns immer souveräner bewegen, funktionieren schließlich gar nicht schlecht, solange die mBit-Zahlen stimmen.

Der französische Anthropologe Marc Augé gehört zu denen, die den Begriff des Ortes eng mit dem der Identität verknüpfte. Das ehemalige Gasthaus am Spandauer Schifffahrtskanal ist in den letzten Wochen schneller als gedacht zum Fixpunkt für ein über die ganze Stadt (und weiter) verteiltes Team geworden. Raum erforschen, Raum verhandeln, Raum gestalten – alles, was zu unserer Corporate Mission gehört und damit unsere Corporate Identity prägt, braucht bis zum Beweis des Gegenteils den konkreten Ort.  Ab in den Norden!

Regierungsbauten könnten Grün vertragen

Praktikum bei Urbanizers. Ich war schon einige Male in der Hauptstadt, doch ihre Größe hatte ich dann doch unterschätzt. So kam es, dass ich am Ostkreuz wohnte und jeden Tag quer durch die Stadt ins Büro nach Wilmersdorf fuhr. Die 15 Kilometer lange Fahrradstrecke erwies sich im winterlichen Stadtverkehr auf Dauer etwas ungemütlich. Dass ich deshalb auf die S-Bahn umstieg, war zwar gerade in Corona-Zeiten nicht unbedingt das Angenehmste. Die tägliche Sightseeingtour entlang der Ost-West-Achse machte jedoch einiges wieder gut.

In meinem Praktikum bei Urbanizers begegnete ich dem Thema Urbanes Grün. Mit urbanem Grün sind in Städten „alle Formen grüner Freiräume und begrünter Gebäude“ gemeint. Es hat viele Funktionen und Potenziale, etwa die Verbesserung des Stadtklimas, die Sicherung des Lebensraums von Tieren und Pflanzen und es trägt zu einem gesunden und zufriedenstellenden Lebensumfeld für Bewohner:innen bei. Urbanizers forscht und arbeitet in vielen Projekten zu diesem Thema, etwa bei der Umsetzung des „Weißbuch Stadtgrün“, das zehn „konkrete Handlungsempfehlungen und Umsetzungsmöglichkeiten des Bundes für mehr Grün in unseren Städten“ beinhaltet. Als fünfte Maßnahme wird darin die Begrünung von Bauwerken genannt. Diese hilft, die Folgen des Klimawandels zu mindern, indem sie zur Vernetzung urbaner Grünflächen beiträgt, Biodiversität und Artenvielfalt schützt und so auch das städtische Klima positiv beeinflusst. Als neunter Punkt wird das Ausbauen der Vorbildfunktion des Bundes genannt. Der Bund als größter Immobilieneigentümer Deutschlands birgt großes Potenzial, mit gutem Beispiel vorauszugehen. Es gibt bereits den „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ des Bundes und als Ergänzung dazu auch das BNB, das Bewertungssystem des nachhaltigen Bauens, die in der Regel bei öffentlichen Bauvorhaben angewendet werden.

Während meiner Zeit in Berlin begann ich verstärkt darauf zu achten, wo die verschiedenen Aspekte des urbanen Grüns in der Stadt zu sehen sind. Meine täglichen S-Bahnfahrten führten mich etwa auch am Regierungsviertel vorbei. Das Regierungsviertel ist nicht „ungrün“, dort wurden von 1999 bis 2001 zum Beispiel 600 Spree-Eichen gepflanzt. Doch die Bauten selbst spiegeln die Begrünungsziele des Bundes noch nicht wider. Das Kanzler:innenamt ist zum Teil begrünt und das ist super, doch auch der größte Teil des Gebäudes zeigt nackte Wände. Die Begrünung der Bauwerke im Regierungsviertel ist also noch stark ausbaufähig.

Wenn ein Bauwerk begrünt wird und nicht nur seine Umgebung, wird es selbst zu einem Bestandteil der urbanen Grünlandschaft. Außerdem ist es auffällig, wenn Grün nicht nur auf dem Boden, sondern auch an und auf Gebäuden zu sehen ist. Es führt allen das Ausmaß der Maßnahmen vor Augen, die notwendig sind, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Wenn Orte mit einer starken Wirkung und einer großen Bedeutung wie das Berliner Regierungsviertel damit anfangen würden, wäre das ein wichtiges Signal. Dass die Vorbildfunktion des Bundes ausgebaut werden soll und dies auch im Weißbuch festgehalten wird, ist deshalb ein sehr guter Ansatz.

Durch mein Praktikum bei Urbanizers und meine täglichen S-Bahnfahrten habe ich einen anderen Blick auf die Stadt entwickelt. Ich habe ganz bewusst nach urbanem Grün Ausschau gehalten, habe es an einigen Stellen in großem Umfang gefunden und an anderen vermisst. Urbanes Grün und vor allem die Begrünung von Bauwerken bleibt ein Themenfeld, in dem es noch viel zu tun gibt. Aber wer weiß: Vielleicht können die S-Bahn-Passagiere und auch alle anderen ja eines Tages einen begrünten Reichstag bestaunen.