Laubengänge oder vom Gelingen ungeplanter Begegnungen II

Anna Magin, 02.07.2020

Die Highdecksiedlung mit ihren Fußgänger:innenhochstraßen ist ein Beispiel dafür, wie die Planung von Flächen für ungezwungene und spontane Begegnungen scheitern kann. In meinem Wohnblock scheint die Idee hingegen zu funktionieren. Aber welche Faktoren tragen dazu bei, dass ein solches Konzept den Realitäts-Check besteht oder nicht?

Sicherlich spielt die Aneignung der Bewohner:innen eine große Rolle. Das schließt zum einen Regeln zur Nutzung seitens der Vermietungsgesellschaft ein – also ob der Bewohnerschaft die Möglichkeit gegeben wird, die Räume mitzugestalten. Zum anderen funktioniert die Aneignung dieser Räume nur über den Gestaltungswillen der einzelnen Bewohner:innen. Der erste Faktor – die Vorgabe seitens der Wohnungsgesellschaft – unterscheidet sich stark zwischen der Highdecksiedlung und meinem Wohnblock. Während in ersterer (inzwischen) im Grunde alle Freizeitaktivitäten untersagt werden, gibt es keinen Regelkatalog für unsere Laubengänge. Den zweiten Faktor – den Gestaltungswillen der Bewohner:innen – kann ich nur schwer beurteilen. Sowohl in der Highdecksiedlung als auch in meinem Wohnblock zogen die neuen Mieter:innen jeweils relativ zeitgleich ein, sodass es keine Unterscheidung zwischen Neu-Zugezogenen und Alt-Eingesessenen gab. Alle sind „neu“ hier. Auch die anfängliche Bewohner:innenstruktur beider Nachbarschaften dürfte vergleichbar (gewesen) sein. Viele Mieter:innen in meinem Block sind junge Familien oder Paare sowie unkonventionell zusammengesetzte Wohngemeinschaften. Auch zur Fertigstellung der ersten Wohnungen der Highdecksiedllung im Jahr 1976 zogen zahlreiche junge Familien ein, für die ihre Wohnung in der Siedlung die ersten eigenen vier Wände bedeuteten. Das nachbarschaftliche Verhältnis in den 1970er und frühen 1980er Jahren wurde dort als sehr positiv bewertet. Zudem hätten sich alle gekannt. Hatten also die Fußgänger:innenhochstraßen in der Highdecksiedlung anfangs doch einen Effekt auf die Nachbarschaft und die Interaktion zwischen den Bewohner:innen?

Ich bin sehr gespannt darauf, wie sich die Nutzung und Frequentierung in unseren Laubengängen entwickeln wird. Momentan habe ich den Eindruck, dass diese halb öffentlichen, halb privaten Räume einen zentralen Platz im Alltag vieler Bewohner:innen einnehmen. Bestimmt auch deshalb, weil sie neben der bloßen Funktion als Erschließungsraum zusätzlich als Balkone und Terrassen genutzt werden. Im Laufe der nächsten Jahre wird sich die Pflanzenpracht sicherlich immer mehr entfalten; das Laubenganggitter ist wie für Rankpflanzen gemacht. Dadurch wird sich bestimmt das Erscheinungsbild im Vergleich zu heute verändern: Die Flächen vor den Wohnungen sind dann weniger einsehbar, wodurch sich der Nutzungscharakter womöglich anpassen wird.