Ankommen am Bahnhof oder Flughafen, Navi einschalten, gehen oder fahren, bis die freundliche Stimme sagt „Sie haben Ihr Ziel erreicht“. 60 % aller Neuwagen sind heute mit einem Navigationssystem ausgestattet – dabei ist die Technologie erst um die 30 Jahre alt. Und wir vermuten, dass Autobesitzer:innen ohne Navi als Ersatz eher das Smartphone als die Straßenkarte nutzen.
Dabei hat dieses Orientierungsinstrument eine lange Tradition. Die ersten Straßenkarten stammten aus dem spätrömischen Reich. Eine mittelalterliche Kopie dieser historischen Karten ist auch heute noch zu bewundern: Die Peutingersche Tafel stellt das gesamte römische Straßennetz zwischen den Britischen Inseln, dem Mittelmeerraum und dem Nahen Osten bis nach Indien dar. Sie gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe.
Technisches Versagen ist bei der Straßenkarte ebenso ausgeschlossen wie ein leerer Akku. Und mit händischen Eintragungen fürs beste Restaurant, fürs schlechteste Hotel oder den weitesten Umweg wegen eines:einer im Kartenlesen ungeübten Beifahrers:Beifahrerin, vielleicht auch noch ein paar Fotos, wird die Karte zum Reisetagebuch, das man an die Wand hängen kann.
Trotzdem folgen die meisten Leute heutzutage lieber dem blauen Punkt auf ihrem Bildschirm. Dabei setzen wir blindes Vertrauen in unsere Navigationsgeräte oder in Kartendienste wie Google Maps. Manche:r Autofahrer:in landete schon im Fluss, weil die Anweisung der Navigationsstimme unkritisch umgesetzt wurde. Sollten diese elektronischen Instrumente aber mal nicht verfügbar sein, sind viele plötzlich aufgeschmissen: Die Fähigkeit, sich mithilfe einer Karte zu orientieren, muss man lernen.
Wenn wir ein neues Projekt an unbekanntem Ort beginnen, hilft uns Kartenmaterial aus unterschiedlichen Quellen bei der Recherche. Schon vor fünfzehn Jahren sammelte der Historiker Karl Schlögel in seinem Buch „Im Raume lesen wir die Zeit“ zahlreiche Beispiele für die vielen Geschichten, die Landkarten, Fahrpläne und Grundrisse erzählen.
Die nächste Reise also mal ohne den digitalen Orientierungshelfer? Der heutige „Tag der Straßenkarte“ könnte ein Impuls dafür sein.